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Tantenkaffee

Kaffee ist ja ein sehr wohltuendes Getränk, dem – richtig zubreitet – durchaus eine wach machende Wirkung zugeschrieben wird. Es sei denn, man begnügt sich mit „kastriertem“ ohne Coffein oder macht es so wie meine Tante Ruth:

Diese Tante, die älteste Schwester meines Vaters, war eine sehr gastfreundliche Frau und begnadete Tortenbäckerin, ein Hobby, dem sie gerne an den Geburtstagen meiner Grosseltern fröhnte. Bei diesen Gelegenheiten wurde üblicherweise die gesamte Verwandtschaft eingeladen, also Grund, mindestens fünf Torten und dazu noch zwei Blechkuchen auf den Tisch zu stellen. Und damit das für alle – immerhin mindestens 19 Personen – reichte, wurde die Torten in möglichst kleine Stückchen geteilt und wir bekamen auch jeweils nur ein halbes Stück –  was igelegentlichr kleine Zwistigkeiten ob der Frage „Spitze oder Rand?“ auslöste.

Jedenfalls war es für meine Cousins, meine Brüder und mich Ehrensache, wirklich von jedem der Backwerke zu probieren.

Dazu gab es guten selbstgekochten Kakao für uns junge Leute und die „Grossen“ bekamen besten Bohnenkaffee – jedenfalls bei der ersten Tasse.

Denn auch bei aller Gastfreundlichkeit war meine Tante Ruth – die bei solchen Feiern  immer die Rolle der Küchenchefin einnahm – eine sparsame Frau, mitunter sehr sparsam, wie wir Kinder gut beobachten konnten.
Unser „Katzentisch“ stand  nämlich immer in der Küche, weil im Wohnzimmer meiner Grosseltern um den grossen Tisch herum nicht genug Platz für alle war, und war damit auch der ständigen Aufsicht durch die Tante unterworfen.
Umgekehrt stand sie natürlich auch unter unserer Kontrolle, weshalb ich auch gut über Ihre Art der Kaffee-Zubereitung berichten kann.Für die erste Kanne – ausreichend für eine  gut gefüllteTasse für jeden Erwachsenen – wurde fein säuberlich je ein gestrichener Teelöffel Kaffeepulver in den Filter gezählt, dann mit heissem Wasser aus dem Pfeifenkessel aufgebrüht und nebenan im Wohnzimmer serviert. Heute würde ich sagen, auch das war schon sehr sparsam dosiert.

Aber es ging noch ökonomischer.

Für die zweite Kanne, die derweilen schon zum Anwärmen mit auf dem Herd stand, wurde der gleiche Filter nämlich nochmal benutzt  und zu dem schon aufgebrühten Pulver  einfach die halbe Menge an frischem Kaffeepulver hinzugefügt, was kein Problem war, denn  der Filter fasste entsprechende Mengen.
Da ich das manchmal so ähnlich praktiziere, – dazu später mehr – weiss ich, dass das braune Getränk da durchaus noch trinkbar war, aber doch deutlich an belebender Kraft eingebüsst haben muss.

Richtig heftig wurde es dann aber, falls noch eine dritte Kanne von Nöten war:

Denn um die Methode von Kanne zwei zu praktizieren und einfach nochmal Pulver dazu zu geben, war der Filter eben doch zu klein.  Aber Tante Ruth wäre nicht Tante Ruth gewesen, hätte sie nicht auch dafür eine Lösung gehabt 8-)

Da wurde nämlich exakt die Anzahl an verbrauchtem Kaffeepulver wieder aus dem Filter gelöffelt, die für Kanne zwei dazugegeben wurde – und dann erneut die gleiche Menge frischen Kaffeepulvers hinzugefügt.
Das dann aufgegossen – und fertig war ein Muckefuck, der wirklich den Namen „Blümchenkaffee“ verdient hätte, hatte er doch gerade noch die Färbung eines guten schwarzen Tees und muss entsprechend scheusslich geschmeckt haben:Probiert habe ich diese „letzte Mischung“ allerdings nie, soviel muss ich zugeben.

Was ich trotzdem gelegentlich anwende ist die Methode für Kanne zwei.
Denn erstens trinke ich viel – eigentlich viel zu viel – Kaffee und zweitens muss ich nicht immer die Mördermengen an Coffein haben, wenn ich am späten Nachmittag noch Lust auf ein oder zwei Tassen davon habe. Sonst wird das Bett nämlich zum Nachtwanderweg….
Aber auf die Art gebrüht  – nicht mit gestrichenen Teelöffen abgezählt , sondern ganz ordentlich mit gehäuften Kaffeeloten – ist das Gebräu durchaus trinkbar und schmeckt sogar noch recht intensiv nach Kaffee, wenn auch nicht ganz so stark wie der erste Aufguss.
Aber für Spätnachmittag finde ich das absolut ausreichend.

Meine Liebste allerdings, als sie diese Art  der Zubereitung das erste mal bei mir sah, war doch etwas verwundert, bis ich ihr erzählte, was ihr jetzt auch wisst. Seither trägt diese Art der Kaffeezubereitung bei uns den Namen „Tante-Ruth-Kaffee“

Bleibt noch anzumerken, dass meine Grossmutter wohl die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen haben würde, wenn sie dieses „sparsame Wirtschaften“ meiner Tante mitbekommen hätte.

Denn meine Oma  hatte ganz und gar nicht die Sparsamkeit ihrer Tochter, wenn es um die Bewirtung von Gästen ging.
Zwar gab es bei meinen Grosseltern unter der Woche auch nur Muckefuck aus je zur Hälfte frisch gemahlenen Kaffeebohnen und Getreidekaffee (Kathreiner). aber Sonntags, oder wenn  Gäste kamen, gab es immer die „volle Dröhnung“ und es wurde keinesfalls an guten Kaffeebohnen gespart… solange nicht Tante Ruth das Regiment in der Küche hatte :-)

9 Replies to “Tantenkaffee”

  1. Was soll das im 2. Bild sein? Tee?
    Erinnert mich an einen Bericht vor vielen Jahren noch in Deutschland lebend (2001 oder so), wo einer die Teebeutel zum Trocknen auf die Wäscheleine hing und dann wieder verwendete. Mit mir sah eine Engländern den Bericht und deren Gesichtsausdruck möchte ich lieber nicht beschreiben.

      1. Aber so etwas, Herr Momo, hat nicht einmal meine Tante Anita in Bansin fertig gebracht, und die war wie Tante Ruth ein Geizhals, und mein Vater regte sich immer auf, wenn Tante Anita ihren Blümchenkaffee kochte.
        :-)

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